Netflix ist nicht nur ein Synonym für einen Serienmarathon, sondern auch ein Paradebeispiel für bahnbrechenden Erfolg. Bis Ende 2023 hat es Netflix geschafft, fast 269 Millionen Menschen weltweit zu fesseln, nicht zu vergessen den Umsatz von stolzen 33,72 Milliarden Dollar. Unter den Inhalten finden sich Oscar-prämierte Schmuckstücke wie „Roma“ und „The Irishman“. Doch was macht die Marke Netflix so erfolgreich? – innovative Unternehmenskultur des Streaminganbieters.
Es ist nicht nur das Streaming selbst, das Netflix nach vorne bringt, sondern eine ziemlich einzigartige Unternehmenskultur. Netflix schafft es, sich ständig neu zu erfinden und Trends zu setzen. Ihr Culture Deck, ein Überblick über die eigene Firmenphilosophie, wurde bereits 18 Millionen Mal aufgerufen. Sheryl Sandberg von Facebook nennt es sogar das wichtigste Dokument, das je im Silicon Valley entstanden ist. Der folgende Beitrag liefert einen Einblick in diese revolutionäre Kultur und zeigt, wie ähnliche Prinzipien auch im eigenen Unternehmen genutzt werden können.
Was macht die Marke Netflix so erfolgreich? – alles eine Frage der Kultur
Wir drehen die Uhr zurück ins Jahr 2000. Reed Hastings war aufgeregt, als er nach Dallas flog, um den CEO von Blockbuster zu treffen – damals ein riesiges Unternehmen mit 9.000 Filialen und einem Marktwert von 6 Milliarden Dollar. Netflix war dagegen ein kleiner Fisch, der DVDs per Post verschickte. Hastings bot an, Netflix für 50 Millionen Dollar zu verkaufen und wollte anschließend den Online-Dienst für Blockbuster betreiben. Doch der Deal kam nicht zustande.
Netflix auf der Überholspur
Zehn Jahre später war Blockbuster Geschichte, überholt von Netflix, dem kleinen Start-up von einst, das nun 167 Millionen Abonnenten weltweit zählte und eigene preisgekrönte Filme und Serien produzierte. Netflix‘ Wachstum über die Jahre war atemberaubend. 17 Jahre lang wuchs der Wert 300-mal schneller als der NASDAQ-Index. Im Jahr 2020 überholte Netflix sogar Walt Disney in Sachen Marktwert. Eine Umfrage im Jahr 2018 machte Netflix sogar zum beliebtesten Arbeitgeber im Silicon Valley.
Aber was ist das Geheimnis? Wie wurde aus Netflix der Spitzenreiter im Streaming, während Blockbuster verschwand? – die Antwort liegt in einer Kombination aus Flexibilität und Innovationsfreude. Netflix passte sich schnell an Veränderungen an: Vom DVD-Verleih zum Streaming-Dienst, von der Lizenzierung fremder Inhalte zur Produktion eigener Serien und Filme.
Diese Flexibilität ist möglich, weil Netflix seinen Mitarbeitenden mehr Freiheiten lässt als andere Unternehmen. Dieser Freiraum motiviert zu kreativeren und besseren Entscheidungen. Aber diese Freiheit bringt auch eine große Verantwortung mit sich.
Das schnelle Wachstum von Netflix gründet sich also auf diese Flexibilität und die Freiheit seiner Mitarbeitenden. Diese sind Teil einer besonderen Unternehmenskultur, die auf drei Säulen steht: hohe Talentdichte, radikale Ehrlichkeit und der Abbau unnötiger Kontrollen. In den nächsten Abschnitten tauchen wir tiefer in diese Konzepte ein.
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Was macht die Marke Netflix so erfolgreich? – kleine Teams schaffen Großes
Wie hat Netflix es geschafft, eine so einzigartige Unternehmenskultur zu etablieren? Der entscheidende Aha-Moment für Reed Hastings kam ironischerweise in seiner schwierigsten Zeit als CEO von Netflix.
Gegründet im Jahr 1998, wuchs Netflix anfangs ziemlich solide und erreichte nach drei Jahren bereits 400.000 Abonnenten in den USA. Doch das Arbeitsklima war anfangs alles andere als ideal. Hastings, der schon früher Erfahrungen als Geschäftsführer gesammelt hatte, musste zugeben, dass es in dieser Zeit keinen Spaß machte, bei Netflix zu arbeiten.
Der Streaminganbieter als Phönix aus der Asche
Es brach das Jahr 2001 an, die Internetblase platzte und viele Start-ups im Silicon Valley gingen bankrott. Auch Netflix spürte die Krise, als die Investoren ihr Risikokapital zurückzogen. Hastings stand vor der schweren Entscheidung, ein Drittel seiner Belegschaft zu entlassen – eine brutale Maßnahme für das junge Unternehmen.
Doch was dann passierte, hatte niemand erwartet: Netflix erholte sich. Die verbliebenen Mitarbeitenden packten mit einem völlig neuen Geist an und wurden produktiver und kreativer. Sie schafften es nicht nur, dieselbe Arbeitslast mit deutlich weniger Personen zu bewältigen, sondern sie machten ihre Arbeit sogar noch besser.
Diese Erfahrung war für Hastings eine wichtige Lektion über Führungsverantwortung und Motivation der Mitarbeitenden. Er und sein Team entdeckten, dass die dramatische Leistungssteigerung durch eine erhöhte Talentdichte verursacht wurde.
Die erste Säule: erhöhte Talentdichte
Das Konzept ist einfach: Leistungsträger blühen auf, wenn sie mit anderen Top-Kräften zusammenarbeiten. Diese Dynamik führt zu Synergien und einer inspirierenden Atmosphäre, in der Mitarbeitende einander motivieren und antreiben. Und wenn jeder auf Höchstniveau performt, verstärkt sich dieser Effekt kontinuierlich.
Wie zieht man also Top-Talente an und hält sie im Unternehmen? Indem man Top-Gehälter bietet. Der Leistungsunterschied zwischen den besten und den schwächsten Mitarbeitenden ist enorm und es zahlt sich aus, Spitzenkräfte großzügig zu entlohnen, anstatt einem Team von Durchschnittsbegabten mittelmäßige Gehälter zu zahlen.
So bildet eine hohe Talentdichte die erste Säule der Netflix-Unternehmenskultur, die alle Teammitglieder zu Spitzenleistungen anspornt. Bei Netflix spricht man von einer hohen Dichte an „stunning colleagues“, also beeindruckenden Kollegen und Kolleginnen. Doch selbst die besten von ihnen müssen effiziente Kommunikation lernen – mehr dazu im nächsten Abschnitt.
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Was macht die Marke Netflix so erfolgreich? – hartes Feedback erwünscht
Offene Kritik zu erhalten ist selten angenehm, doch im Fall der Marke Netflix führte sie in der Vergangenheit oft genug zu einer deutlichen Verbesserung. Diese Art der Direktheit ist bei Netflix nicht ungewöhnlich, sondern Teil der Firmenkultur, die sich auf die Philosophie der radikalen Aufrichtigkeit, oder „Radical Candor“, stützt.
Die Vorstellung, bei Netflix zu arbeiten, würde folgendermaßen aussehen: Es wäre normal, in einem Meeting einer Vorgesetzten zu widersprechen oder von einem Kollegen direkt auf den Ton der eigenen E-Mail angesprochen zu werden. Es ist nicht nur normal, es wird erwartet, dass die eigene Meinung geäußert wird. Zurückhaltung bei Feedback wird bei Netflix fast wie eine Arbeitsverweigerung gesehen, weil somit wertvolle Einsichten zurückgehalten werden, die das Team voranbringen könnten.
Die zweite Säule: radikale Aufrichtigkeit
Im Gegensatz zu vielen anderen Organisationen, in denen Feedback oft nur in jährlichen Gesprächen oder Performance-Reviews gegeben wird, ist es bei Netflix tägliche Praxis. Hierbei sind es häufig die Mitarbeitenden, die ihren Vorgesetzten Rückmeldungen geben.
Aber natürlich gibt es auch hier Regeln für effektives Feedback: Erstens muss die Kritik konstruktiv sein und der empfangenden Person helfen wollen. Zweitens sollten die Vorschläge umsetzbar sein. Drittens sollten kritisierte Mitarbeitende anerkennen, dass es Mut erfordert, Kritik zu äußern. Und viertens haben diese das Recht zu entscheiden, ob sie das Feedback annehmen oder nicht.
Die zweite Säule von Netflix’ innovativer Unternehmenskultur ist also diese radikale Aufrichtigkeit. Sie mag manchmal schmerzhaft sein, aber letztlich profitieren alle davon.
Was macht die Marke Netflix so erfolgreich? – Vertrauen vor Kontrolle
Im Jahr 2003 kam von einem Netflix-Mitarbeitenden ein interessanter Vorschlag: Wenn die Arbeitsstunden nicht gezählt werden, warum dann die Urlaubstage? Reed Hastings fand die Idee klasse und schaffte kurzerhand die festen Urlaubstage ab. Seitdem gilt bei Netflix das Motto: „Nimm dir frei, wann immer du es brauchst!“
Hastings beobachtete bald, dass Mitarbeitende mehr Eigenverantwortung übernahmen, sogar so alltägliche Dinge wie das Aussortieren abgelaufener Lebensmittel im Bürokühlschrank wurden selbstständig erledigt. Dies führte zu der Prägung des Begriffs „Kultur der Freiheit und Verantwortung“ bei Netflix. Die Freiheit, die Mitarbeitenden gegeben wurde, führte direkt zu einer erhöhten Verantwortungsbereitschaft.
Die dritte Säule: Reduktion unnötiger Regeln
Das brachte Hastings zum Nachdenken: „Wenn weniger Kontrolle so positive Effekte hat, warum nicht weiter in diese Richtung gehen?“ Natürlich ist das leichter gesagt als getan. Freiheit führt nicht automatisch zu Erfolg. Führungskräfte müssen die richtigen Bedingungen schaffen und mit gutem Beispiel vorangehen.
Als die feste Urlaubsregelung fiel, hatte Hastings zwei Befürchtungen. Die erste war, dass niemand Urlaub nehmen würde, aus Angst, als faul zu gelten oder weniger engagiert als die Kollegen und Kolleginnen. Um diesem Problem zu begegnen, ging Hastings selbst in den Urlaub und teilte seine Urlaubsfotos mit dem Team, um zu demonstrieren, dass es in Ordnung ist, sich eine Auszeit zu nehmen.
Seine zweite Sorge war, dass im Sommer vielleicht niemand im Büro wäre, weil alle am Strand liegen könnten. Um dem entgegenzuwirken, bat er seine Führungskräfte, gewisse Rahmenbedingungen zu setzen, wie zum Beispiel dass die Buchhaltung im Januar während der Jahresabrechnungen keinen Urlaub nehmen sollte. Diese Erfahrungen mündeten in einer klaren Philosophie: Die Reduktion unnötiger Regeln stärkt das Verantwortungsbewusstsein von Mitarbeitenden. Das ist die dritte Säule der Netflix-Kultur.
Hastings erkannte den wahren Wert dieser Strategie: Sie signalisiert Mitarbeitenden, dass man ihnen vertraut und legt die Verantwortung in ihre Hände. Dieses Vertrauen ist letztendlich das, was eine effektive und motivierte Belegschaft fördert.
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Was macht die Marke Netflix so erfolgreich? – eigene Meinung zählt
Als Adam Del Deo, Vizepräsident der Doku-Sparte von Netflix, 2017 das Sundance Film Festival besuchte, stieß er auf einen Film, der ihn begeisterte: die Sportdokumentation „Ikarus“. Er wollte den Film unbedingt für Netflix erwerben, stand aber vor einer schwierigen Entscheidung. Die Lizenzrechte kosteten unglaubliche 4 Millionen Dollar – eine Summe, die Netflix noch nie für eine Dokumentation ausgegeben hatte. Wie sollte er das nur seinem Chef, dem Chief Content Officer Ted Sarandos, erklären?
Del Deo fragte bei Sarandos nach, doch anstatt eine direkte Anweisung zu geben, ließ Sarandos die Entscheidung bei Del Deo. „Sie sind der Experte für Dokumentationen, nicht ich. Wir bezahlen Sie dafür, diese Entscheidungen zu treffen. Fragen Sie sich: Ist es der Hit, den wir brauchen? Wird es ein Oscar-Anwärter?“
In den meisten Unternehmen hätte es anders ausgesehen – Chefetagen treffen die Entscheidungen oder geben direkte Anweisungen. Aber Netflix praktiziert einen anderen Ansatz, die „Führung durch Kontext“. Das bedeutet, dass Mitarbeitende der Marke alle wichtigen Informationen haben, um selbstständig Entscheidungen zu treffen, die sie für das Beste des Unternehmens halten, während das Management sich auf andere Aufgaben konzentriert.
Dieser Führungsstil kann ungewöhnlich erscheinen, insbesondere wenn das Gefühl aufkommt, Mitarbeitende könnten einen Fehler machen. Doch es geht darum, zu verstehen, wie diese zu ihren Entscheidungen kommen und was sie denken, was am besten für das Unternehmen ist. Dieses Verständnis hilft, die eigenen Ziele und die Kommunikation zu verbessern und hält die Organisation auf Kurs, ohne in Mikromanagement zu verfallen.
Was macht die Marke Netflix so erfolgreich? – ein abschließender Überblick
Die beeindruckende Entwicklung von Netflix vom kleinen Start-up zum führenden Giganten der Streaming-Industrie ist das Ergebnis einer einzigartigen Unternehmenskultur, die auf drei Säulen basiert: hohe Talentdichte, radikale Aufrichtigkeit und Führung durch Kontext anstatt durch Kontrolle.
Diese Kultur motiviert alle Mitarbeitenden, ihr Bestes zu geben und ermutigt sie, wichtige Entscheidungen selbst zu treffen. Die Geschichte von Netflix ist nicht nur faszinierend, sie bietet auch wertvolle Einblicke in eine moderne und erfolgreiche Unternehmenskultur, die Mitarbeitende zu Offenheit, Innovation und Spitzenleistungen anregt. Ein rundum gelungener Kuchen, von dem viele Unternehmen sich durchaus eine Scheibe abschneiden können.
Artikelbild: Unsplash / Venti Views; Keywords: Was macht die Marke Netflix so erfolgreich